Medizin: Ionisierende Strahlung und Radioaktivität


Nuklearmedizin

Was ist Nuklearmedizin?

In der Nuklearmedizin werden dem Patienten geringe Mengen radioaktiver Substanzen verabreicht (spritzen, schlucken) und somit Krankheiten diagnostiziert.
Auch eine Therapie ist mit radioaktiven Stoffen möglich. Hierbei verwendet man allerdings eine höhere Dosis.
In der Diagnostik können verschiedene Organe dargestellt und nach ihrer Form, Größe, Funktion beurteilt werden.
Die Nuklearmedizin hat erst in den letzten 20 Jahren einen festen Platz in der Medizin erobert.

Wo kommt die Strahlung her?


Wie entsteht ein Bild in der Nuklearmedizin?

Nachdem das radioaktive Mittel dem Patienten verabreicht worden ist (intravenös gespritzt oder geschluckt), sendet der Patient bzw. das zu untersuchende Organ Strahlung aus, die von einem speziellen Detektor (der Gammakamera) registriert wird.

Dabei wird nicht direkt die Strahlung gemessen.
Die Strahlung (Photonen) trifft auf einen Kristall, der dadurch kleine Lichtblitze aussendet. Dieser Lichtblitz wird in einen elektrischen Impuls umgewandelt, der dann durch eine nachgeschaltete Elektronik um ein Vielfaches verstärkt wird. Die Registrierung der Impulse wird in ein Bild umgesetzt und kann somit ausgedruckt werden. Die bildliche Darstellung der aus dem Körper ausgesandten (=emittierten) Strahlung nennt man Szintigraphie.

DER PATIENT "STRAHLT"
DIE KAMERA NICHT!!!!!!!


Strahlenschutz in der Nuklearmedizin

Die Verwendung einer Bleischürze für den Patienten ist in der Nuklearmedizin sinnlos, da die Strahlung aus dem Inneren des Patientenkörpers kommt.

Die Strahlenbelastung für den Patienten ist abhängig von den physikalischen Eigenschaften des Nuklids (physikalische Halbwertzeit) und dem biologischen Verhalten im Organismus (biologische Halbwertzeit).
Für diagnostische Zwecke werden Radionuklide mit kurzer physikalischer HWZ (also niedrige Strahlenbelastung für den Patient) und reiner Gammastrahlung bevorzugt, da diese den Patienten weniger belastet.

Physikalische Halbwertzeit :
Zeit, in der nur noch die Hälfte der Radionuklide vorhanden sind.
(Durch den radioaktiven Zerfall erreichen sie einen stabilen Zustand, in dem sie dann nicht mehr strahlen.)

Biologische Halbwertzeit:
Zeit, in der die Hälfte der Radionuklide vom Körper ausgeschieden wird (z. B. über den Urin).

Die biologische HWZ ist in der Regel kürzer als die physikalische, d.h. auch wenn ein Nuklid eine längere physikalische HWZ hat, kann es trotzdem innerhalb kürzester Zeit aus dem Organismus ausgeschieden werden.
Somit ergibt sich ohnehin eine geringere Strahlenbelastung.

Ein Beispiel:
Nierenfunktionsszintigraphie

Radiopharmakon: 99m Technetium (=Radionuklid) mit MAG3 (=chemische Substanz)
physikalische HWZ von 99mTc: 6 Stunden
biologische HWZ der Verbindung: 10 Minuten (Auscheidung erfolgt durch die Nieren)
Da die Ausscheidung im Verhältnis zur Physikalischen HWZ sehr rasch erfolgt, ergibt sich auch eine effektive HWZ von etwa 10 min. Die Physikalische HWZ fällt hier kaum ins Gewicht.

Der Patient kann durch vermehrtes Trinken die Ausscheidung der meisten Radionuklide beschleunigen.

Strahlenbelastung am Beispiel der Knochenszintigraphie

Die Knochenszintigraphie

Auf diese Untersuchung soll näher eingegangen werden. Hierbei wird im Rahmen der Diagnostik eine relativ hohe Aktivitätsmenge gespritzt (ca 750 MBq bei Erwachsenen), daher soll sie als Beispiel für die Strahlenbelastung beim Patienten, Personal und bei außenstehenden Personen dienen.


Strahlenbelastung für den Patienten:

Strahlenbelastung für außenstehende Personen:


(z.B. MTRA`s, Physiotherapeuten, Krankenschwestern, Ärzte usw.)
  1. direkt nach Applikation:
    in 1m Abstand 2 - 4 Tagesdosen pro Stunde ( = 0,013 mSv - 0,026 mSv)
  2. 3 Stunden nach Applikation:
    in 1m Abstand ½ - 1 Tagesdosis pro Stunde (= 0,007 mSv)

Beispiel:
Behandlung eines Patienten beim Physiotherapeuten:
½ Stunde Krankengymnastik bei ständigem Aufenthalt neben dem Patienten (weniger als ½ m Abstand) entspricht 2 Tagesdosen der natürlichen Strahlenbelastung.


Wie gefährdet sind Schwangere?


Es ist bewiesen, daß erst bei einer Dosisschwelle ab 60 mSv (= 24 natürliche Jahresdosen!!!!) eine Schädigung des Ungeborenen auftreten kann. Dennoch weden bei Schwangeren in der Regel keine nuklearmedizinischen Untersuchungen gemacht.


Dosisgrenzwerte>

Selbst das am meisten strahlenbelastete Personal (MTRA`s und Ärzte der Nuklearmedizin) erreicht die gesetzlich vorgegebenen Dosisgrenzwerte nicht einmal annähernd (strenge Überwachung durch Filmplaketten und Stabdosimeter).
Personen, die also nur kurzzeitig mit Patienten aus der Nuklearmedizin konfrontiert sind, erhalten keine nennenswerte Strahlenbelastung.
Der Patient selbst erhält zwar einmalig eine höhere Dosis, die sich aber langfristig gesehen und im Verhältnis zum Nutzen der Untersuchung relativiert.


Radiojodtherapie

Sie soll als Beispiel für eine therapeutische Anwendung der Nuklearmedizin erwähnt werden.
Es handelt sich um eine Therapie der Schilddrüse. Die Schilddrüse nimmt ja bekanntlich Jod auf, welches sie in Hormone einbaut.
Im Normalfall unterliegt diese Produktion der Steuerung des Organismus. Sind in einer Schilddrüse Bezirke, die ohne Rücksicht auf die Steuerung durch den Organismus Hormone produzieren ( sog. Autonome Bezirke), so nehmen diese ständig Jod auf, welches sie umwandeln. Dadurch kann es zu den Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion kommen.
Der Schilddrüse ist es dabei egal, ob das Jod nun radioaktiv ist, oder nicht. Entscheidend ist nur der Molekülaufbau, und der ist bei allen Jodformen gleich.

Bei der Radiojodtherapie wird dem Patienten eine sehr hohe Dosis eines radioaktiven Jodpräparats zu schlucken gegeben. Dieses Jod (131Jod) ist ein kombinierter Beta- und Gammastrahler, d.h. er strahlt Elektronen und Photonen aus. Die Elektronen haben im Schilddrüsengewebe eine Reichweite von 0,5mm - 2mm. Das Jod (das ja nur noch in den autonomen Bezirken aufgenommen wird) zerstrahlt das entartete Gewebe praktisch selbst von innen.

Die Gammastrahlung aus dem radioaktiven Zerfall, die aus dem Patienten herausstrahlt, erfordert in Deutschland aus Strahlenschutzgründen eine stationäre Aufnahme wegen der langen Halbwertzeit und der hohen Energie der Gammastrahlung (also hohe Durchdringung) im Gegensatz zu diagnostischen Nukliden.
Die Entlassung wird durch gesetzlich festgelegte Grenzwerte bestimmt, die durch tägliche Messungen am Patienten ermittelt werden.
Im Ausland z.B. in Belgien, wird diese Therapie a m b u l a n t durchgeführt!!!!

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Der Inhalt dieser Seite wurde erarbeitet vom MTRA Kurs 1994-1997 der MTRA Schule Ingolstadt am Klinikum Ingolstadt.
Falls jemand Fragen oder Anregungen hat, würden wir uns freuen, wenn er sie an
eike@gamma-kamerad.de mailen würde.
Erstellt am: 12:38 26.04.1997
Letzte Änderung 11.05.2003 19:11 Uhr durch ep