- Abb. 3. Chronologietabelle des Neolithikums in Deutschland (n. Lüning, Anm. 8).
- Mit dieser Datierung findet sich das Erdwerk in einem der interessantesten Zeitabschnitte innerhalb der jüngeren Steinzeit wieder, in welchem nicht nur entlang der Donau sämtliche kulturelle Zusammenhänge auseinanderbrachen.
Am Übergang vom Mittel- zum Jungneolithikum veränderte sich in unserem Raum nahezu alles, was bis dahin Bestand hatte.
- Verantwortlich für diese Änderungen sind revolutionäre Neuerungen auf dem Sektor der Metallurgie in Südosteuropa.
Der Umgang mit dem neuen Metall strahlte weit über das eigentliche Erfindungszentrum hinaus, und auch in Süddeutschland finden sich nun erste Kupferartefakte10.
Im Sog dieser Neuerungen veränderten sich simultan die Sozialstrukturen, das Siedlungs- und Bestattungswesen, die Keramik und auch die Silexartefakte11.
- In Südostbayern ist die Münchshöfener Kultur Träger dieser Neuerungen und kann mit der Mehrzahl ihrer Keramikformen an Vorbilder aus der böhmischen Lengyelkultur angebunden werden.
Erst kürzlich bestätigte sich auch der schon häufiger geäußerte Verdacht, daß sie Kupfer zumindest genutzt, vielleicht sogar verarbeitet hat12.
- Auffällig in den wenigen Siedlungen dieser Zeit ist auch das geringe Vorkommen von Silexartefakten, wie es auch in Riekofen der Fall ist; selbst bei der nur kleinen Fläche sind die fünf gefundenen
Artefakte, keines davon ein Gerät, für eine jungneolithische Siedlung mit Abstand zu wenig.
Dieser Befund wurde schon mehrfach als Hinweis auf eine Kupferverarbeitung in der Münchshöfener Kultur interpretiert13.
- Abb. 4. Riekofen, Lkr. Regensburg. Keramik aus den Gräben.
- 1-7 Pollinger Kultur. 8-10 Keramik der späten Münchshöfener Kultur. - M. 1:3.
- Charakteristisch für die Münchshöfener Kultur sind die konischen Schalen mit verziertem Knickrand (Abb. 4,10), die Standfußgefäße und durchweg flache Gefäßböden.
- Für die Pollinger Kultur, deren namengebender Fundort fernab, nämlich im südlichen Oberbayern liegt, sind die kleinen Henkeltassen mit einer teppichartigen Verzierung in feiner Furchenstichtechnik und mit ausgesparten Winkelbändern typisch (Abb. 4,1.4).
- Die verarbeiteten Tone, Machart und Magerung sowie der gleiche Erhaltungszustand machen deutlich, daß die nach heutigem Wissen zwar gleichzeitigen,
jedoch räumlich weit auseinanderliegenden jungneolithischen Kulturen hier in Riekofen eng verflochten sind, unter Umständen sogar nur als verschiedene Regionalstile ein und derselben Kultur zu verstehen sind, der späten Münchshöfener Kultur.
- Ergänzt man diese Bemerkungen mit dem Wissen von mindestens fünf weiteren in den letzten Jahren entdeckten Fundplätzen der "Pollinger Kultur" im Regensburger Raum, so gibt sich der eponyme Fundplatz Polling, Lkr. Weilheim-Schongau,
lediglich als weit im Südwesten gelegener Vorposten der späten Münchshöfener Kultur, früher auch als "Facies Wallerfing" bezeichnet, zu erkennen.
Diese Sichtweise wird indirekt auch durch das in Polling verarbeitete Silexmaterial unterstützt, da es sich fast ausschließlich um einen Plattensilex aus dem Kelheimer Raum handelt14.
- Eine abschließende Bewertung der kleinflächigen Rettungsgrabung in Riekofen ist zwar derzeit noch verfrüht,
doch ist schon in diesem Stadium der Auswertung die Aussage zulässig, daß sich mit ihr kulturhistorisch wichtige Erkenntnisse für das frühe Jungneolithikum im südbayerischen Raum ergeben werden15.
- Dr. Andreas Tillmann
- Referat Oberpfalz. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Regensburg.
- Eine Doppelkreisgrabenanlage der Pollinger Kultur aus Riekofen, Lkr. Regensburg
- in: Beiträge zur Archäologie der Oberpfalz. Band 1. 1997. S. 123-129.
- Bedauerlicherweise wird diese hohe Dichte vorgeschichlicher Denkmäler auch in Riekofen eher als Hindernis und Last, denn als wichtiges kulturhistorisches Erbe gesehen und verstanden.
- H. Hennig, Urnenfelder aus dem Regensburger Raum. Materialh. Bayer. Vorgesch. A 65 (Kallmünz/Opf. 1993) 125 ff.
- I. Matuschik/Hj. Werner, Eine befestigte Siedlung des Endneolithikums aus Riekofen-Kellnerfeld, Lkr. Regensburg. Ber. Bayer. Bodendenkmalpfl. 22/23, 1981/82, 37 ff.
- Siehe dazu den Beitrag von H. Becker in diesem Band.
- H, Becker, Die Kreisgrabenanlagen von Gneiding und Riekofen. Arch. Jahr Bayern 1994 (1995) 36 ff. -
Zur magnetischen Prospektion des Riekofener Erdwerkes auch H. Becker/A. Tillmann, Eine Kreisgrabenanlage des frühen Jungneolithikums aus Riekofen. Arch. Jahr Bayern 1995 (1996) 37 ff.
- J. Petrasch, Mittelneolithische Kreisgrabenanlagen in Mitteleuropa. Ber. RGK 71, 1990, 407 ff.
- An diesem Beispiel, und man könnte beliebig viele nennen, ist die ganze "Machtfülle" des Art. 8 Denkmalschutzgesetz zu ermessen.
Weder in den 70er Jahren, als die Verbindungsstraße nach Dengling ausgebaut wurde, noch 1995 wurden von den Bauträgern die, selbst für Laien unübersehbaren, Gräben gemeldet.
Bei einer sachlichen Betrachtungsweise ergibt sich dagegen folgendes Bild:
Von den etwa 1900 m Straßentrasse waren nicht mehr als 100 m durch Bodendenkmäler "belastet".
Bestenfalls vier Wochen hätte eine archäologische Befundsicherung gedauert,
und bei einer ordentlichen Zusammenarbeit aller Beteiligten besteht kein Grund zu der Annahme, daß der Straßenbau dadurch in irgendeiner Weise aufgehalten worden wäre.
- Die hier gezeigte Chronologietabelle stammt aus:
J. Lüning, Erneute Gedanken zur Benennung der neolithischen Perioden. Germania 74, 1996, 233 ff. Abb. 1.
- I. Matuschik, Grabenwerke des Spätneolithikums in Süddeutschland. Fundber. Baden-Württemberg 16, 1991, 27 ff.
- J. Lüning, Eine Siedlung der mittelneolithischen Gruppe Bischheim in Schernau, Ldkr. Kitzingen.
Materialh. Bayer. Vorgesch. A 44 (Kallmünz/Opf. 1981) 141.
- J. Lichardus (Hrsg.), Die Kupferzeit als historische Periode (Bonn 1991).
- K. Böhm/R. Pielmeier, Der älteste Metallfund Altbayerns in einem Doppelgrab der Münchshöfener Gruppe aus Straubing.
Arch. Jahr Bayern 1993 (1994) 40 ff.
- M. Nadler et al., Südbayern zwischen Linearkeramik und Altheim: ein neuer Gliederungsvorschlag.
In: H.-J. Beier (Hrsg.), Der Rössener Horizont in Mitteleuropa (Wilkau-Hasslau 1994) 127 ff. bes. 185.
- H. Müller-Karpe, Die spätneolithische Siedlung von Polling. Materialh. Bayer. Vorgesch. 17 (Kallmünz/Opf. 1961) 22.
- Zu weiteren Funden aus der Riekofener Grabung siehe Beitrag P. Schröter über die beiden Glockenbecherbestattungen
sowie Beitrag A. Tillmann über das außergewöhnliche Gefäß der ausgehenden Frühbronzezeit.
- Siehe auch:
- Zur Hauptauswahl Archäologie in Bayern auf der Homepage Kurt Scheuerer
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- regionaler Organisationsbeauftragter Oberbayern-Nord
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