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VETONIANIS
Das Römerkastell Pfünz

 
Pfünz: Porta sinistra, ca. 1970. Foto: Kurt Scheuerer
Da die Römer um 90 n.Chr. ihre Reichsgrenze über die Kastellreihe Eining-Pförring-Kösching-Gaimersheim-Nassenfels hinausschoben, war der Bau neuer Befestigungsanlagen nötig.

Eine solche Anlage ist das Kastell Pfünz (Vetonianis), das südlich vom heutigen Dorf Pfünz auf dem Kirchberg liegend, im Osten vom Tal des Pfünzer Baches und im Westen vom Schrannental begrenzt wird. Nur nach Süden, wohin auch die Römerstraße nach Nassenfels führt, setzt sich die Hochebene fort.
Das Kastell selbst bildet ein Rechteck von 145 m x 189 m und nimmt eine Fläche von 2,74 ha ein.

Unter Kaiser Domitian (81 - 96 n.Chr.) wurde das Kastell im Jahre 90 n.Chr. zunächst in der Holz-Erd-Bauweise errichtet.
Um 150 n.Chr. wurde es dann unter Kaiser Antoninus Pius (138 - 161 n.Chr.) in Stein ausgebaut, wodurch man sich eine bessere Abwehrfähigkeit erhoffte.
Trotzdem wurde es im Jahre 166 n. Ohr. von den Markomannen überfallen und teilweise zerstört.
Eine Bauinschrift läßt allerdings auf einen Wiederaufbau unter Kaiser Commodus (180 - 192 n.Chr.) schließen, der von 183 - 185 n.Chr. dauerte.
Unter Kaiser Severus Alexander (222 - 235 n.Chr.) wurde das Kastell beim zweiten Alemanneneinfall im Jahre 233 n.Chr. zerstört und niedergebrannt, was durch eine aufgefundene Brandschicht nachgewiesen wurde.
Vom Jahr 233 n.Chr. bis zum Zeitpunkt der Aufgabe des Gebiets nördlich der Donau, was 260 n.Chr. geschah, liegen kaum Funde vor. Man kann daraus schließen, daß das Kastell in ebenjener Zeit von 233 - 260 n.Chr. wenig, wenn überhaupt noch besetzt war.

Kastell Pfünz. Zeichnung: Winkelmann
Die leicht erhöhte Fläche des Kastells wird von Erdwällen und sichtbaren Grundmauerresten umgeben.
Von dem Mauerwerk sind noch die Fundamente der acht Tortürme (zu einem Tor gehörten zwei Tortürme) sowie von drei Ecktürmen zu sehen.
Das Tor an der Nordseite des Kastells, die porta praetoria, stellte das Haupttor dar.
Der doppelte Verteidigungsgraben, der das Lager vorwiegend an der Süd-, West- und Nordseite umzog, ist noch besonders gut an der Westseite des Kastells zu erkennen.
Da sich heute im Kastellinneren Felder befinden, ist das Mittelgebäude (Prinzipia) durch Überpflügen nur noch als leichte Erhöhung auszumachen.
An weiteren Innenbauten wurden bei den Ausgrabungen noch zwei Magazine, zwei Holzbauten, sowie ein weiteres Gebäude ermittelt. Bei letzterem vermutet man, daß es sich um einen Pferdestall gehandelt hat.

Südlich vom Kastell breitete sich an der Straße nach Nassenfels das römische Lagerdorf aus, das wie das Kastellinnere überpflügt ist.
120 Wohnbauten und Speicher wurden im Lagerdorf festgestellt.
Außerdem entdeckte man noch vier Tempel. Einer dieser Tempel war dem Jupiter Dolichenus, einer kleinasiatischen Gottheit, geweiht. Auch der illyrische Gott Sedatus wurde in Pfünz verehrt.
An das Lagerdorf schloß sich das Brandgräberfeld an.

Ein einzelnes Gebäude befand sich an der Nordostecke des Kastells. Über seinen Verwendungszweck ist man sich allerdings noch nicht im klaren, da die Vermutungen von einem Tempel bis zu einem Grabmal für einen Kohorten-Kommandeur reichen.

Nicht weit vom Lager entfernt lagen im Tal des Pfünzer Baches die stattlichen, 40 m langen und 25 m breiten römischen Themen mit ihren Kalt-, Lau-, Heiß- und Schwitzbädern. Nach der Großgrabung unter Friedrich Winkelmann Ende des 19. Jahrhunderts wurden ihre Reste allerdings wieder zugeschüttet.

Grundriß des römischen Bades in Pfünz
römisches Bad in Pfünz

1 Eintrittsgalerie
2 Vorhalle (basilica)
3 Umkleideraum (apodyterium)
4 Schwitzbäder (sudatorium)
5 Laubäder (tepidarium)
6 Heißbad (caldarium)
7 Wannen
8 Kaltbad (frigidarium)
9 Feuerlöcher
(Grundriß nach Winkelmann)

Als Besatzung beherbergte das Kastell die Cohors I Breucorum civium Romanorum, die zeitweise den Ehrennamen "Valeria Victrix" bis "torquata ob virtutem appelata" führte. Es wird vermutet, daß sie sich diese Auszeichnung im jüdischen Krieg Hadrians erwarb.
Die Kohorte bestand aus etwa 380 Fußsoldaten und 120 Reitern.
Auch sind uns die Namen von zwei Kohorten-Kommandeuren überliefert. Puplius Crepereius Verecundianus, dessen junge Gattin Valeria Honorata in Nassenfels beigesetzt wurde, war der Kommandeur der Besatzungstruppe, sowie Aelius Fortis, der den Wiederaufbau des bei den Markomannenkriegen zerstörten Kastells Böhming leitete.

Die wichtigste Aufgabe des Kastells bestand darin, den Limes, der hier 10 km nördlich vorbeizog, zu überwachen.
Pfünz hatte auch eine wichtige Aufgabe im Straßenverkehr. Hier trafen sich nämlich acht Römerstraßen: Die Militärstraßen von Weißenburg und Kösching, sowie Straßen von Tauberfeld, Nassenfels, Eichstätt, Buchenhüll, Rieshofen und Böhming.

Unter den zahlreichen Funden, die bei der Großgrabung unter Friedrich Winkelmann zutage kamen, war auch die Rüstung des römischen Hauptmanns Verecundianus, des Kommandeurs der Cohors I Breucorum civium Romanorum.
Ein weiterer interessanter Fund war eine eiserne Kette mit einem Ring, an dem sich noch das Skelett eines Gefangenen befand, der wahrscheinlich vom Alemannenüberfall überrascht wurde.
Weitere Funde sind z.B. Waffen, Münzen, Werkzeuge, Schmuckstücke, Keramik (Terra sigillata), Gebrauchsgegenstände, Schlüssel, Heizkacheln und Hohlziegel.
Die Funde befinden sich im Museum auf der Willibaldsburg in Eichstätt und sind der Öffentlichkeit zugänglich.


Grundriß des Pfünzer Kastells
Grundriß des Pfünzer Kastells


1 Praetorium
2 Magazine
3 Zisterne
4 Pferdestall
5 Graben
(Maßstab 1:1400)


Pfünz: Graben und Mauer. Zeichnung: Ostermaier


Pfünz: Porta sinistra. Zeichnung: Winkelmann

Pfünz: Graben, ca. 1970. Foto: Kurt Scheuerer


Die Porta sinistra mit Graben und Wall

Literaturquellen:
Baatz, Dietwulf. Der römische Limes.
Billmeier, Alois. Wanderführer - mittlere Donau.
Kellner, Hans-Jörg. Die Römer in Bayern.
Sieghardt, August und Malter, Wilhelm. Eichstätt - Altmühltal.

Christian Ostermaier, ca. 1976



Siehe auch:
  • VETONIANIS (nach Karl Zecherle)
  • Ausflugsfahrt Pfünz-Möckenlohe: Ein Limeskastell und seine landwirtschaftliche Versorgung
  • Ausführliche Darstellung des Kastells: Heimatverein Vetoniana, Pfünz


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